Heike Kuczewski ist seit 39 Jahren in der Kindertagesstätte bzw. dem heutigen Familienzentrum der Martin-Luther-Gemeinde in Lebenstedt als Erzieherin tätig. In dieser Zeit hat sie zwei Erweiterungsumbauten und die Amtszeit von drei Pfarrern miterlebt.
Nachgefragt: Wie hat sich die Pandemie auf die Arbeit in der Kindertagesstätte ausgewirkt?
Kuczewski: Erstmal hat sich unsere Einstellung verändert. Die Einstellung zu Krankheiten. Aber auch die Einstellung, Eltern gegenüber. Hier musste man genau abschätzen, wer Bedarf hat, für wen ist es wirklich wichtig und für wen nicht, sein Kind in die Kita bringen zu können. Ich arbeite hier im sozialen Brennpunkt und habe sehr wenig Eltern, die berufstätig sind. Zu deren Kinder haben wir dann, als nur noch Notbetreuung möglich war, die einzuschulenden Kinder und Kinder mit sprachlichen Problemen dazugenommen. Wir sollten dann noch die aufnehmen, wo sehr beengte Verhältnisse herrschen, aber da hätten wir von unseren Kindern so gut wie alle aufnehmen müssen. Bei der Aufgabe, solch eine Auswahl zu treffen, macht man sich nicht beliebt und man muss da auch auf sich selber sehr aufpassen.
Im Großen und Ganzen – dies kann ich natürlich nur von meiner Gruppe sagen – bin ich mächtig stolz auf die Eltern. Viele haben von sich aus gesagt, dass sie ihre Kinder zuhause behalten wollen, solange der Inzidenzwert so hoch ist.
Nachgefragt: Haben Ihnen die digitalen Medien bei Ihrer Arbeit in der Pandemie geholfen?
Kuczewski: Ja, wir haben viel damit gearbeitet. Wir haben ja die Kita-App, über die viel Informationsarbeit läuft. Zu Ostern haben wir ein Video gedreht, in dem die Erzieherinnen den Kreuzweg Jesu und die Ostergeschichte nachspielen. Über zoom haben wir Veranstaltungen gemacht, Kamishibai-Geschichten, Bastelanleitungen, Unterhaltung – also wir waren da schon am Ball.
Doch viel lief auch über persönliche Besuche. Wir haben an der Wohnungstür nachgefragt, wie es den Kindern und Eltern geht, weil wir damit auch ein wenig auf Kindswohlgefährdung achten konnten. Vor Ostern haben wir kleine Osterneste verteilt. Da habe ich mir dann auch mal Karfreitag den Fahrradkorb vollgepackt und bin herumgefahren. Außerdem telefonieren wir viel mit den Familien.
Nachgefragt: Wie haben Sie persönlich die Veränderungen des Kitaalltages in der Pandemie empfunden?
Kuczewski: In der Pandemie haben sich auch durchaus gute Aspekte ergeben. Zum Beispiel haben wir gemerkt, dass wir in der Arbeit mit den kleinen Gruppen viel mehr auf die einzelnen Kinder und ihre eventuellen Probleme eingehen konnten. Auch die Übergabe der Kinder an die Kita verläuft viel entspannter, weil sie an der Haustür stattfindet. Die Eingewöhnungszeit der neuen Kita-Kinder verlief für diese problemloser, weil man viel mehr Möglichkeiten hatte, sich ihnen zuzuwenden. Schön wäre es, wenn man diese positiven Entwicklungen über einen großzügigeren Schlüssel ein wenig in die Zeit nach der Pandemie mitnehmen könnte.